„A bisserl mehr wir“ wünscht sich Axel Piper, Regionalbischof im Kirchenkreis Augsburg und Schwaben, und erhofft sich dadurch auch mehr Gemeinsinn in einer narzisstischen Gesellschaft. Dieses Thema war Motto seiner Kanzelrede zum Reformationsfest am 31. Oktober in der gut besuchten Augsburger St. Anna Kirche beim Theologischen Abend des Evangelisch-Lutherischen Dekanats Augsburg.
In unserer Gesellschaft beobachtet Piper eine Zunahme von Egoismus und Narzissmus. Er macht dies fest an der Selfie-Kultur oder am Schönheitswahn. Auch Worte wie „Achtsamkeit“ oder „Freiheit“ hätten heutzutage einen stärkeren Selbstbezug. Es gehe dabei oft weniger um Rücksicht auf andere und allgemeine gesellschaftliche Rechte, sondern vornehmlich um Selbstliebe und individuelle Freiheiten.
Die Ursachen für gesellschaftlichen Narzissmus seien gut erforscht und vielfältig: Zukunftsängste und Sorgen über Klimawandel, Pandemie, Kriege, Flüchtlingswellen und Inflation führten zu Ohnmachtserfahrungen und Rückzug in den eigenen übersichtlichen Lebensbereich. Die Mahnung aber bleibe, so Piper: „Eine Gesellschaft aus Egoisten kann nicht funktionieren. Statt Selbstfürsorge muss Fürsorge treten – sonst fällt die Gesellschaft zwangsläufig auseinander.“
Zum Abschluss spannte Piper mit einem persönlichen Bekenntnis den Bogen zu Martin Luther und seiner reformatorischen Erkenntnis: „Weil ich weiß, dass ich geliebt bin bei Gott, will ich hier auch Liebe weitergeben. So gut ich halt kann. Und wenn’s nicht gelingt, nun dann weiß ich einmal mehr, dass ich nur ein ganz normaler Mensch bin, mit guten Vorsätzen und manchmal ernüchternden Ergebnissen. In allem darauf vertrauend, dass ich mir Gottes ewige Liebe nicht verdienen muss und kann. Das nennt man dann auch auf schwäbisch Bescheidenheit oder bei uns Kirchenmenschen auch: Demut. Das Gegenteil von Narzissmus.